Wird ein Mensch geboren, so ist er auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen um zu überleben. Nahrung, Zuwendung und Schutz sind nur einige der grundsätzlichen Bedürfnisse, die jeder benötigt. Schnell hat ein Baby begriffen, wie sein persönliches Umfeld funktioniert und wie es seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann. Muss es laut schreien um die Aufmerksamkeit der Mutter zu erhalten oder sollte es sich lieber ruhig verhalten um Zuneigung zu bekommen? Und wie geht es in der Kindheit / der Adoleszenz weiter? Mit welchen Verhaltensmustern ist man erfolgreich und wird ein erwachsener Mensch?

Sich anzupassen, auch einmal nachzugeben, teilen zu lernen und Grenzen zu respektieren sind nur einige Beispiele für notwendige Dinge, die ein gesundes Miteinander ermöglichen. Manchmal reicht das aber nicht und es bilden sich Überlebensmuster, die nicht im Einklang mit der eigenen Persönlichkeit stehen. Diese nennt man dann „maladaptive (unangepasste) Schemata“.

Nach Jeffrey E. Young gibt es 18 verschiedene maladaptive Schemata, die in 5 Schemadomänen zusammengefasst sind. Beispiele hier sind Misstrauen (im familiären Bereich), Unzulänglichkeit („du bist es nicht wert, geliebt zu werden“) oder Abhängigkeit („du schaffst das nicht“), welche durch wiederholte Erlebnisse in der Kindheit / der Adoleszenz entstehen. Mit dem Heranwachsen entwickelt man Bewältigungsmodi, um mit den problematischen Situationen umzugehen. Das kann die Vermeidung (unbequemen Situationen aus dem Weg gehen), der Kampf (das Schemata auf andere projizieren) oder das Erdulden (das Schemata auch durch andere Menschen erdulden) sein.

Wird einem beispielsweise ständig das Gefühl der Unzulänglichkeit vermittelt, so reagiert man später vielleicht mit Vermeidung (Flucht). Dann weicht man Menschen aus, die einem Liebe entgegenbringen möchten, da man unbewusst davon überzeugt ist, diese Liebe nicht verdient zu haben. Ein anderes Beispiel wäre, dass man „immer die gleichen Menschen anzieht“. Möglicherweise hat man bereits als Kind gelernt, einen bestimmten schwierigen Menschentyp zu erdulden (z.B. einen Elternteil). Später erduldet man dann auch fremde, ähnliche Menschen, die sich hiervon angezogen fühlen.

In der Therapie ist das Ziel entsprechend zu erkennen, welche Schemata und welche Bewältigungsmodi aktiv sind. Dann Situationen aus einer gewissen Distanz zu betrachten, um sich so dieses automatischen / erlernten Verhaltens gewahr zu werden und dieses Verhalten dann auch zu verändern.

Über die Schematherapie

Die Schematherapie ist eine innovative Form der Psychotherapie, die besonders effektiv bei der Behandlung von chronischen und komplexen psychischen Störungen eingesetzt wird

. Sie kombiniert Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie mit erlebnis- und handlungsorientierten Verfahren und eignet sich für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Anwendungsbereiche:

Die Schematherapie wird hauptsächlich eingesetzt bei:

  • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere Borderline und narzisstische Störungen)
  • Chronischen Depressionen
  • Langanhaltenden Angststörungen
  • Substanzmissbrauch
  • Essstörungen
  • Beziehungsstörungen

Methoden und Techniken

In der Schematherapie kommen verschiedene Techniken zum Einsatz:

  • Rollenspiele zur Veränderung ungünstiger Verhaltensmuster
  • Hausaufgaben zur Umsetzung des Gelernten im Alltag
  • Fokussierung auf Gefühle und Körperempfindungen in konkreten Situationen
  • Stuhldialoge zur Darstellung verschiedener innerer Anteile

Therapieverlauf

Die Therapie gliedert sich in zwei Hauptphasen:

Einschätzung und Edukation: Identifikation von Schemata und Modi, Informierung des Patienten, Problemanamnese und Zielsetzung

Veränderungsphase: Anwendung von fünf Interventionsprinzipien zur Veränderung dysfunktionaler Muster.

Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen:

  • Entwicklungspsychologische Aspekte
  • Grundbedürfnisse im Lebensverlauf
  • Einbeziehung der Eltern in den Therapieprozess

Schematherapie bietet einen vielversprechenden Ansatz für die Behandlung komplexer psychischer Störungen bei Patienten aller Altersgruppen.

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